ZKM | Museum für Neue Kunst, 17.09.2011 – 05.02.2012
 
Hong Hao
* 1965 in Peking (CN), lebt und arbeitet in Peking


Kassel City Defense Vertical View Map
, 1997

Beim Ausstellen zeitgenössischer Kunst wird die Frage danach, warum Werke bestimmter Künstlerinnen und Künstler gezeigt werden sollen, oft nachträglich durch die Frage überschrieben, warum sie nicht gezeigt wurden – und ob hinter diesem Ausschluss lediglich Unachtsamkeit oder vielmehr politisches Kalkül stand. Als 1997 in Kassel die documenta X ausgerichtet wurde, war für die chinesische Kunstszene vor allem relevant, warum unter den 118 Positionen nur eine aus China zu sehen war; würde dies doch implizieren, dass aktuelle chinesische Kunst entweder nicht zeitgenössisch sei oder aus einem anderen Grund ausgeschlossen wurde.

Die Künstler Hong Hao und Yan Lei nahmen dies zum Anlass für eine sarkastische Intervention: Auf entsprechendem Briefpapier und in offiziösem Deutsch verfasst, verbreiteten sie eine gefälschte Einladung der documenta-Leitung, die zur Teilnahme an einer Sonderschau zeitgenössischer chinesischer Kunst in Kassel einlud – um, so der Text, „ein Zeichen der Anerkennung“ ihrer besonderen Stellung in der Kunstwelt zu setzen. Die Pointe trifft alle Beteiligten: die Veranstalter der documenta X und deren Bild der Kunstwelt, das doch nur einen Ausschnitt zeigt, ebenso wie die chinesische Szene, die nur allzu erfreut der falschen Hoffnung erlag, weltweit anerkannt zu werden. Der Brief wird hier vor einem fiktiven Schlachtplan um das documenta-Areal gezeigt: Der eingeschränkte Zugang zu den Stätten der Repräsentation wird keineswegs friedlich verhandelt, sondern muss immer wieder aufs Neue ausgefochten werden. (JB)

Hong_KasselCityDefense
Kassel City Defense Vertical View Map
, 1997